Minimum Requirements for Eligible Liabilities – MREL

23.11.2016

Ausgangssituation

Mit der am 12.06.2014 veröffentlichten EU-Richtlinie  (Bank recovery and Resolution Directive, BRRD) wird die Harmonisierung der verschiedenen Instrumente zur Sanierung und Abwicklung von Finanzinstituten innerhalb der Europäischen Union angestrebt. Dieses Anfang 2015 eingeführte neue Abwicklungsregime für Banken soll es ermöglichen, auch systemrelevante Banken abwickeln zu können, ohne die Finanzmarktstabilität als Ganzes zu gefährden. Zentrales Instrument ist es, die Gläubiger an der Sanierung zu beteiligen, und außerhalb eines Insolvenzverfahrens Fremdkapitalgeber zur Haftung heranzuziehen. Prinzipiell sollen alle Verbindlichkeiten haften. Es sind jedoch Ausnahmen definiert (beispielsweise Einlagensicherung bis 100.000 Euro), die von der Einbeziehung ausgenommen sind. 

Um dennoch sicherzustellen, dass ein Institut über genügend bail-in-fähiges Kapital verfügt, sollen Regelungen für bail-in-fähige Verbindlichkeiten definiert und rechtlich verankert werden. Auf G-20-Ebene gilt ab dem Jahr 2019 daher eine neue Mindestanforderung an die Gesamtverlustabsorptionsfähigkeit der G-SIB-Insitute. Diese Regelungen sind unter dem Begriff "Total Loss Absorbing Capacity" (TLAC) bekannt. Gleichzeitig wurde innerhalb der Europäischen Union bereits im Rahmen der Sanierungs- und Abwicklungsrichtlinie eine Mindestanforderung an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten (Minimum Requirement for Own Funds and Eligible Liabilities: MREL) eingeführt. 

Inhalt und Wirkungsweise

MREL hat analog TLAC das Ziel, durch bail-in-fähiges Kapital ausreichend Verlustabsobationskapazität zur Verfügung zu stellen, um eine Abwicklung (gone concern) durch weiteres Kapital finanzieren zu können, wobei TLAC eine Regelung darstellt, die für die G-SIB-Institute greift. MREL gilt für alle europäischen Banken.

 

Somit soll sichergestellt werden, dass alle in der EU niedergelassenen Institute eine Mindestquote an Eigenmitteln bereithalten, die bail-in-fähig ist. Diese Quote wird – abweichend von TLAC, die auf die RWA Bezug nimmt – als Anteil an den Gesamtverbindlichkeiten einschließlich regulatorischer Eigenmittel definiert. MREL hat somit zum Ziel, dass ein Institut seine Verbindlichkeiten so strukturiert, dass ein ausreichender Puffer an bail-in-fähigem Kapital für den Abwicklungsfall vorhanden ist. MREL soll für alle europäischen Banken Anwendung finden; hierdurch sind Institute von unterschiedlicher Größe, unterschiedlichem Geschäftsmodell, unterschiedlicher Kapitalstruktur etc. betroffen. Somit soll abweichend von TLAC dieser Heterogenität Rechnung getragen werden, und es soll durch die Abwicklungsbehörde – unter Berücksichtigung des Proportionalitätsgedankens –  für jedes Institut individuell eine Quote festgelegt werden.

 

Da durch die vielen Volks- und Raiffeisenbanken, die Sparkassen und die Vielzahl von anderen kleineren Instituten in Deutschland ein sehr heterogenes Institutsfeld existiert, wird durch die Aufsicht explizit festgestellt, dass für einen Großteil der Institute ein reguläres Insolvenzverfahren und keine Abwicklung bevorzugt wird.

Auch wenn es keine einheitliche Mindesthöhe für die MREL-Anforderungen gibt, so müssen doch qualitative Kriterien, die in der BRRD festgelegt sind, eingehalten werden. Hierzu zählen:

  • Überprüfung der Abwicklungsziele durch die Aufsichtsbehörde (insbesondere der Schutz der Finanzmarktstabilität, das Vermeiden der Verwendung von Steuergeldern und Kundeneinlagen)
  • Das Institut muss über genügend bail-in-fähiges Kapital verfügen. Darüber hinaus soll genügend Kapital zur Rekapitalisierung zur Verfügung stehen, um dem Folgeinstitut ausreichend Kapital zur Verfügung zu stellen. Auch sollte es dem Folgeinstitut möglich sein, sich selbständig zu refinanzieren.
  • Größe, Geschäfts- und Risikomodell des Institutes müssen berücksichtigt werden.
  • Die Abwicklungsbehörde sollte Auswirkungen auf die Finanzstabilität, die von einem Ausfall des Insittutes ausgehen können, beachten. MREL-Anforderungen sind daher bei systemrelevanten Instituten höher als bei kleinen, bei denen von keinen negativen Folgen auf die Finanzstabilität auszugehen ist.

Diese qualitativen Kriterien wurden durch die EBA in Form eines RTS näher beschrieben. Trotz der individuellen Festlegung der Anforderungen soll ein vergleichbares Vorgehen mit einheitlichen Kriterien erreicht werden. 

Verlustabsorptionsbetrag

Der Verlustabsorbtionsbetrag zur Berechnung von MREL setzt sich aus der Mindesteigenkapitalanforderung (das heißt, mindestens 8 Prozent Gesamtkapitalquote) und dem durch die Aufsichtsbehörde institutsindividuell festgesetzten Aufschlag sowie der Kapitalpufferanforderung respektive der Leverage-Ratio-Anforderung – für den Fall, dass diese höher sein sollte – zusammen. 

Rekapitalisierungsbetrag

Bei Instituten, für die die Abwicklungsbehörde kein Insolvenzverfahren, sondern eine Abwicklung vorsieht, ist zusätzlich zum Verlustabsorptionsbetrag auch die Vorhaltung eines Rekapitalisierungsbetrages vorgesehen. Dieser wird abhängig vom Abwicklungsplan bestimmt. Da im Rahmen einer Abwicklung jedoch bedeutende Funktionen (beispielsweise das Kredit- und Einlagengeschäft) erhalten bleiben sollen (beispielsweise durch Übertragung auf ein Brückeninstitut) ist es wichtig für das Folgeinstitut, dass dieses ausreichend kapitalisiert ist. Dabei müssen ebenfalls die für eine Zulassung erforderlichen Mindestkapitalquoten in Höhe von 8 Prozen RWA zzgl. Aufschlägen erfüllt werden. Dieses Niveau orientiert sich an den Kapitalanforderungen vergleichbarer Institute. Die Abwicklungsbehörde muss daher den Rekapitalisierungsbetrag entsprechend berücksichtigen. 

MREL-Anforderungen an den Verlustabsorptions- und Rekapitalisierungsbetrag

Analog zu den Regelungen in TLAC spielt auch bei MREL die Qualität der anrechnungsfähigen Verbindlichkeiten eine zentrale Rolle. Vor diesem Hintergrund wurden Kriterien festgelegt, die MREL-fähige Verbindlichkeiten erfüllen müssen. Hierzu gehören:

  • MREL-fähige Forderungen müssen verlässlich bewertbar sein und zum Zeitpunkt der Abwicklung zur Verfügung stehen.
  • Einlagen von natürlichen Personen und KMU oberhalb der Sicherungsgrenze sowie Derivate sind generell nicht MREL-fähig.
  • Ein MREL-fähiges Instrument darf nicht besichert sein und muss eine Restlaufzeit von mindestens einem Jahr aufweisen.

Durch diese Kriterien soll gewährleistet werden, dass MREL-fähige Verbindlichkeiten über eine entsprechende Qualität verfügen. Außerdem soll eine Vergleichbarkeit zwischen den Banken in den EU-Mitgliedstaaten gewährleistet werden.

Auswirkungen

  • Kapitalsteuerung unter Berücksichtigung der MREL-Regelungen ist erst nach Vorgabe der individuellen Quoten möglich
  • Höhere Kapitalkosten für bail-in-fähige Passiva, da Anleger sich das Risiko vergüten lassen; als Folge hieraus generell höhere Kapitalkosten
  • Zusätzlicher Informationsbedarf durch Aufsicht und ggf. zusätzliche Offenlegungsanforderungen (hier sind die Anforderungen nicht weiter definiert)

 

Fazit

Das Bail-in als erstes Instrument zur Abwehr der Gefährdung der Finanzstabilität kann nur funktionieren, wenn ein abzuwickelndes Institut über ausreichend Verlustabsorbtionskapazität verfügt. Dieses muss zeitnah und rechtssicher zur Verlustabsorbtion herangezogen werden können. Die neuen Anforderungen in Form von TLAC und MREL legen somit die Grundlagen für ein funktionsfähiges Bail-in. Gleichzeitig wird mit der Einführung von TLAC und MREL dafür gesorgt, dass die Verbindlichkeiten im Abwicklungsfall auch zur Verfügung stehen. Insbesondere die Haftungsreihenfolge bei einem Bail-in ist in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung.

Quelle: Deutsche Bundesbank

Ziel von TLAC und MREL ist es, im Bedarfsfall eine reibungslose Abwicklung von Banken ohne Einsatz von öffentlichen Mitteln zu gewährleisten. Insbesondere die Ansteckungseffekte, wie sie im Jahr 2008 zu beobachten waren, sollen vermieden werden. Außerdem soll die Verlustabsorptionsfähigkeit von Instituten erhöht werden.


Für die Banken heißt dies nichts Gutes, da diese Anforderungen mit steigenden Kapitalanforderungen und ggf. auch Kapitalkosten einhergehen. Diese müssen jedoch nicht ausschließlich mit regulatorischen Eigenmitteln eingehalten werden, sondern können auch mit bail-in-fähigem Fremdkapital erfüllt werden. Dennoch ist die Erfüllung dieser Anforderungen mit steigenden Kapitalkosten verbunden, da die Investoren sich dieses Bail-in-Risiko entsprechend vergüten lassen werden.