Bundesbank Symposium 2017

Lieber Besucher,

 

am 15.03.2017 fand  das Bundesbank Symposium "Bankenaufsicht im Dialog" statt.

Für die vielen guten Gespräche und den Informationsaustausch mit Ihnen möchte ich mich bedanken!

 

Meine Einschätzungen und Erkenntnissen zum Symposium:

Nach wie vor spricht die Aufsicht von einer "Finalisierung von Basel III". 

Dr. Marcus Schenck, Finanzvorstand der Deutschen Bank, etwa sagte gleich zu Beginn seines Vortrages, dass er sich jetzt hoffentlich nicht verspreche und doch "Basel IV" sage. Auch Dr. Andreas Dombret, Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank, äußerte sich hierzu, indem er zugestand, dass "die Reform ja auch oft "Basel IV genannt..." werde.

Ich bin gespannt, wann und ob sich die Aufsicht doch noch zu der Bezeichnung Basel IV - die sich in der Industrie längst durchgesetzt hat - durchringt.

 

Von diesem eher nebensächlichen Detail abgesehen drehten sich die Diskussionen überwiegend um folgende Bereiche: 

1. Möglichkeiten und Grenzen der globalen Regulierung? 

2. Wie weit ist Basel IV und wann ist mit einer Finalisierung zu rechnen? 

3. Welche materielle Auswirkung hat Basel IV? 

4. Können alle aufsichtlichen Anforderungen (Kapital, Puffer, Leverage Ratio, SREP und Liquidität) überhaupt erfüllt werden, oder arbeiten diese teilweise gegeneinander und haben Zielkonflikte? 

5. Wie sind die Ergebnisse der Geschäftsmodellanalyse des SSM? 

6. Wie funktioniert Bankenregulierung in einem niedrigen Zinsumfeld?

 

ad 1: 

Nach meiner Beobachtung teilten die Protagonisten der Veranstaltung die Einschätzung, dass eine weltweite Gültigkeit der Vorschläge aus Basel essentiell ist, um für alle Banken einen einheitlichen Mindeststandard auch in Europa zu etablieren. Wie sich die USA jedoch künftig positioniert blieb unklar. Aus der US-Administration gibt es hierzu derzeit -noch- nichts Verbindliches. Allerdings wurde Widerstand angekündigt sofern es zu unterschiedlichen Anforderungen kommen sollte. Hier wurde insbesondere auf die unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen verwiesen, die für die europäische Bankenbranche nicht akzeptabel wären, da es durch eine unterschiedliche Regulierung bestimmter Sachverhalte zu Wettbewerbsverzerrungen kommen würde.

 

ad 2: 

Hier möchte ich einen Satz aus der Rede von Dr. Andreas Dombret zitieren: "Zunächst möchte ich eines in Erinnerung rufen: Basel III ist zu einem großen Teil bereits vollständig verhandelt und umgesetzt. Richtig ist aber auch, dass die letzten Teile noch fehlen. Das betrifft insbesondere die neuen Vorgaben zur Berechnung der risikogewichteten Aktiva." Wenn ich nun die Rede von Stefan Ingves, Chairman des Basel Committee, dagegen halte, worum es bei den "Revisions to Basel III" -also nach Branchendefinition Basel IV- geht, so betrifft dies vornehmlich die Risikoaktiva. 

Betroffen sind also u.a. der IRB-Ansatz, KSA-Ansatz, CVA, operationelle Risiken, der Floor und den Kontrahenten Staat, dessen künftige Behandlung offen ist (derzeit 0-Gewichtung). Hier kann man auch den Eindruck gewinnen, dass doch nicht alles vollständig verhandelt und umgesetzt ist. Es fehlen wesentliche Teile der RWA-Berechnung.

 

ad 3: 

Im Vortrag von Dr. Andreas Dombret wurde ausgeführt, dass auf "....besonders betroffene Institute können sehr wohl Eigenkapitalanforderungen zukommen. In wenigen Ausnahmefällen sogar mehr als 20 Prozent." Wenn ich diese Aussage nun gegen die VÖB-Studie die ich am 08.03.2017 in der BASEL IV Gruppe veröffentlicht habe halte, so stellt sich ein ganz anderes Bild dar. Die 17 größten Deutschen Banken haben einen Anstieg der RWA durch Basel IV Effekte von über 30% (siehe Seite 5 der VÖB-Veröffentlichung) errechnet. Die beiden Aussagen passen nicht zusammen. Auch wurde mir in allen Gesprächen, die ich im Nachgang mit Teilnehmern geführt habe, immer eine weitaus höhere Zahl als der RWA Anstieg von 5 % im Mittel der Branche genannt. 

Vielleicht ist es der noch zu überarbeitende KSA (BCBS 347), der noch eine radikale Änderung der Risikogewichte erfahren wird. Derzeit jedoch ist die einzige Forderungsklasse im KSA, in der es überhaupt technisch zu einer Reduzierung der RWA kommen kann, die Wohnimmobilien (jedoch lediglich unter ganz bestimmten Voraussetzungen bei Senior-Forderungen). Alle anderen Forderungsklassen haben eine höhere RWA-Gewichtung im KSA nach BCBS 347. Nun ist das Kreditrisiko nicht das einzige, welches eine RWA-Belastung verursacht. Aber in den allermeisten Fällen doch das größte. Dies nur, um die Aussage in einen weiteren Kontext zu stellen (siehe auch Basel IV - Kreditrisikostandardansatz).

Auch Dr. Marcus Schenck gab als Auswirkung für die Deutsche Bank 100 Mrd. Euro an. Per 30.06.2016 hat die Deutsche Bank eine RWA von 402,2 Mrd. Wenn ich hier die genannten 100 Mrd. RWA Erhöhung gegenhalte komme ich -auch auf die Aktiva bezogen- schon wieder in Richtung der 30% die in der VÖB-Erhebung ermittelt wurde. Hier sind dann TLAC und MREL noch nicht berücksichtigt sondern nur RWA-Effekte. 

Für mich ist die von der Bundesbank genannte Zahl von 5 % nicht nachvollziehbar. Wie das Ziel "kapitalneutral" in genanntem Kontext erreicht werden soll bleibt -zumindest für mich- offen.

 

ad 4: 

Die EZB hat mit einer Erhebung die Geschäftsmodelle der europäischen Banken analysiert. Fazit dieser Analyse ist, dass die deutschen Banken in einigen Bereichen (z.B. non performing loans) im europäischen Vergleich gut dastehen. Dies ist wohl der guten Konjunktur Deutschlands zuzuschreiben. In anderen Bereichen (z.B. Cost Income Ratio oder Zinsertrag) hinken sie den anderen europäischen Banken tendentiell hinterher. Generell ist die Profitabilität der europäischen Banken schwach. Die Umsätze bleiben unter Druck und die EZB konstatiert, dass weitere Kostenreduktionen notwendig sind. Auch schlägt die EZB vor, die Geschäftsmodelle mit der Peergroup im Wettbewerberumfeld zu vergleichen.

 

ad 5: 

Neue multiple regulatorische Mindestanforderungen (RWA-Anforderungen, Kapitalanforderungen, Liquiditätsanforderungen) stellen eine Herausforderung der Banksteuerung dar. Es ist künftig gewünscht, dass Zielkonflikte durch regulatorische Anforderungen entstehen. Dies stellt das Bankmanagement vor neue Herausforderungen, da klare Entscheidungsregeln bei Zielkonflikten festgelegt werden müssen.

 

ad 6: 

Durch die Bankenvertreter wurde mehrfach darauf hingewiesen, dass in einem unnatürlichen Zinsumfeld von 0 % das Geschäftsmodell klassischer Banken unter Druck gerät, und somit zunehmend mehr Banken Probleme haben, künftige Anforderungen zu erfüllen. Die Aufsicht betonte, dass Sie keine Strukturpolitik machen wolle und insbesondere kleinere Banken im Markt halten möchte. Allerdings müssten diese Ihr Geschäftsmodelle überdenken und ggf. anpassen. Nach meiner Wahrnehmung gab es keine wirklichen Lösungsansätze für dieses Dilemma. Hier wird es wohl - solange die Zinsen auf diesem ungewöhnlich niedrigen Niveau verharren - auch keine Veränderungen des Zinsertrages geben und somit der Konsolidierungsdruck steigen. Es wurden jedoch vor allem Fintech-Unternehmen als Beispiele für Innovation im Bankenmarkt genannt, um andere Ertragsquellen zu generieren. So wurde z.B. auf die derzeit kaum genutzte Verwertung von Daten - die den Banken ja in großem Umfang vorliegen - verwiesen. Wie dies mit dem Datenschutz, dem Bankgeheimnis oder rechtlichen Fragestellungen zur Regulierung einhergeht, blieb aus meiner Sicht offen.

 

Grüße Ihr, 

Roland Faninger