23.10.2016
Mit der Überarbeitung des Kreditrisikostandardansatzes sollen nach Auffassung des Basler Ausschusses eine Reihe von Schwachpunkten im aktuellen Standardansatz behoben werden. Hierzu zählen:
Der Basler Ausschuss arbeitet an der Überarbeitung dieser Punkte. Aus diesem Grund wurden im Dezember 2014 und Dezember 2015 Konsultationspapiere veröffentlicht, die eine umfassende Überarbeitung des KSA vorsehen.
Die Ermittlung der Risikogewichte soll künftig nicht mehr mithilfe von externen Ratings, sondern auf Basis von sogenannten Risikotreibern erfolgen. Je nach Forderungsklasse wurden durch den Basler Ausschuss unterschiedliche Risikotreiber identifiziert:
Forderungsklasse | Risikotreiber | ||||
Banken | harte Kernkapitalquote (capital adequacy ratio CET1) | non-performing asset ratio (net NPA ratio) | |||
Unternehmen | Umsatz (revenue) | Verschuldung | |||
Mengengeschäft |
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Mengengeschäft und durch Immobilien gesicherte Positionen |
Fremdwährungskredite
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Durch Immobilien gesicherte Positionen |
Wohnimmobilien (Residential Real Estate)
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Loan-to-value | Schuldenlast (debt-service coverage ratio) | ||
Gewerbliche Immobilien (Commercial Real Estate)
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zwei Optionen: 1. Gewerbliche Immobilien werden als nicht gesicherte Forderung berücksichtigt 2. Risikogewicht wird an eine Loan-to-value- Ratio geknüpft |
Im Kreditrisikostandardansatz dürfen die Institute bisher für bestimmte Risikopositionen das Risikogewicht auf der Grundlage externer Ratings ermitteln. Voraussetzung ist, dass diese von aufsichtlich anerkannten Ratingagenturen veröffentlicht wurden.
Abhängig von der externen Bonitätsbeurteilung werden den Kreditrisikopositionen je nach Forderungsklasse vorgegebene, unterschiedliche Gewichte zugeordnet. Für unbeurteilte Kreditrisikopositionen sind pauschale Risikogewichte festgelegt. Daneben gibt es im KSA jedoch auch Forderungsklassen, in denen externe Bonitätsbeurteilungen für die Risikogewichtung generell keine Rolle spielen. Für sie kommen pauschale Risikogewichte zur Anwendung, die nur die Art der Kreditrisikoposition berücksichtigen.
Diese Praxis hat jedoch den wesentlichen Nachteil, dass zum einen die Abhängigkeit von externen Ratings – durch die sprunghafte Veränderung – eine negative Auswirkung auf die Stabilität des Finanzsektors ausüben kann und zum anderen die pauschalen Risikogewichte oft nicht das tatsächliche Risiko widerspiegeln. So werden beispielsweise Banken derzeit mit 20 Prozent gewichtet, ohne auf das tatsächliche Risiko der Bank abzustellen.
Daher schlägt das Konsultationspapier vor, Risikogewichte für Bank- und Unternehmensforderungen an Risikokriterien zu knüpfen.
Für Bankforderungen wurden als Kriterien die harte Kernkapitalquote (capital adequacy ratio CET1) und eine sogenannte net non-performing asset ratio (net NPA ratio) gewählt, die eine bessere Einschätzung der tatsächlichen Forderungsqualität geben sollen. Die ermittelten Werte werden dann auf neue Risikogewichte, die zwischen 30 und 300 Prozent liegen, übertragen. Auch sollen Banken dazu verpflichtet werden, diese beiden Quoten unterjährig zu veröffentlichen.
Für die Unternehmensforderungen sind als Kriterien der Umsatz (revenue) und der Verschuldungsgrad (leverage) definiert. Die ermittelten Werte werden dann auf neue
Risikogewichte, die zwischen 60 und 300 Prozent liegen, übertragen.
Fazit:
Zumindest für Bankforderungen wird es größere Eigenmittelanforderungen geben. Bei den Unternehmensforderungen ist dies von der institutsspezifischen Zusammensetzung der Forderungsklasse
"Unternehmen" abhängig. Nur Proberechnungen können hier Aufschluss über die Eigenmittelanforderungen unter Berücksichtigung des neuen Kreditrisikostandardansatzes geben. Zudem stellt diese Forderungsklasse für viele Institute eine wesentliche
Risikogruppe dar, sodass dies aus unserer Sicht zwingend notwendig ist.
Ein weiterer Aspekt besteht darin, dass im KSA bisher Forderungsklassen existieren, denen pauschale Risikogewichte zugeordnet sind. Dies soll dahingehend geändert werden, dass für die Forderungsklasse Retail künftig strengere Regelungen gelten. Zum einen wird für diese Forderungsklasse ein Diversifizierungskriterium eingeführt (Forderungen an einen Schuldner dürfen nicht mehr als 0,2 Prozent des gesamten "Regulatory Retail Portfolios" betragen). Bei Überschreitung werden die Forderungen der Forderungsklasse Retail Exposures mit einem Risikogewicht von 100 Prozent zugeordnet. Es erfolgt also eine Aufteilung der bisherigen Forderungsklasse Retail.
Des Weiteren wird der Forderungsklasse Spezialfinanzierungen (specialised lending) ein Risikogewicht von 120 Prozent (für Projekt- und Objektfinanzierungen, Rohstoffhandelsfinanzierungen, Finanzierungen von Mietimmobilien) und 150 Prozent (für Finanzierungen bei Grunderwerb sowie Erschließung und Bau) angerechnet.
Der derzeitige Rahmen der Kreditrisikominderungstechniken (credit risk mitigation, CRM) im Kreditrisikostandardansatz wird als zu komplex eingeschätzt. Unnötige Komplexität besteht insbesondere durch
Die im Konsultationspapier vorgeschlagenen Änderungen bei den Kreditminderungstechniken (CRM) sind daher ein weiterer Ansatzpunkt bei der Überarbeitung des Kreditrisikostandardansatzes.
Die Vorschläge am CRM-Rahmenwerk stellen sich wie folgt dar:
*Darstellung an Tabelle 3 des Konsultationspapieres angelehnt
Die Anzahl der für KSA-Banken zur Verfügung stehenden Kreditrisikominderungstechniken wird also deutlich reduziert (rot hervorgehoben). Auch wird die Nutzung bankeigener Schätzungen von Haircuts sowie Value-at-risk-Ansätze für bestimmte Wertpapierleih-/Repo-Transaktionen (SFTs) oder die Nutzung interner Modelle für SFTs und besicherte Transaktionen mit OTC-Derivaten nicht mehr erlaubt.
Leistungsgestörte Kredite haben höhere Ausfallwahrscheinlichkeiten als regulär bediente. Daher wird darüber nachgedacht, wie dieser Sachverhalt adäquat abgebildet werden kann.
Derzeitige Überlegungen sind:
1. Angemessene Kalibrierung von Risikogewichten
2. Einheitliches Risikogewicht für alle leistungsgestörten Kredite
3. Add-on zum angewendeten Risikogewicht
Wie diese letztlich in die endgültigen Regelungen einfließen, wird im noch offenen Konsultationsprozess festgelegt werden.
Forderungen an multilaterale Entwicklungsbanken werden derzeit als Bankenforderungen unter Berücksichtigung des externen Ratings angerechnet. Da die derzeitige Behandlung nicht sachgerecht erscheint, sollen die qualifizierten multilateralen Entwicklungsbanken bevorzugt werden und eine 0-Prozent-Anrechnung auf Basis der aktuellen Liste von "eligible MDBs" erhalten.
Kredite, bei denen die Währung des Kredites von der Währung des Einkommens abweicht, unterliegen Wechselkursschwankungen. Es ist angedacht, in diesen Fällen ein Add-on zum Risikogewicht beim Mengengeschäft und "durch Immobilien gesicherte Positionen" anzurechnen. Die Höhe des Add-ons wird im Rahmen der noch stattfindenden QIS erhoben und entsprechend vorgegeben.
Der aktuelle Kreditrisikostandardansatz (KSA) sieht vor, dass externe Ratings für bestimmte Exposures herangezogen werden dürfen. Um nun die mechanische Abhängigkeit von Ratingagenturen (credit rating agency, CRA) zu reduzieren, schlägt das Komitee im ersten Konsultationspapier vor, die Abhängigkeit von externen Ratings für Banken- und Unternehmensexposures zu reduzieren, indem auf zwei wesentliche Risikotreiber abgestellt wird und externe Ratings keine Anwendung mehr finden sollen.
Die Rückmeldungen zum ersten Konsultationspapier brachten jedoch fundamentale Bedenken zum vorgeschlagenen Vorgehen zum Ausdruck und sahen eine vollständige Beseitigung der Verbindung zu externen Ratings als unnötig und nicht wünschenswert an. Einige Rückmeldungen vertraten den Standpunkt, dass der Ansatz viel zu komplex wäre, während andere argumentierten, dass das Vorgehen insensitiv zum Risiko wäre.
Diesen Argumenten trägt der Basler Ausschuss Rechnung und schlägt mit dem zweiten Konsultationspapier nunmehr vor, wieder auf externe Ratings zu referenzieren. Diesmal soll jedoch die mechanische Abhängigkeit von externen Ratings für Banken- und Unternehmensexposures aufgehoben werden.
Das 1. Konsultationspapier stand stark in der Kritik, da erste Proberechnungen schnell zeigten, dass übergeordnete Ziele (keine signifikanten neuen Kapitalanforderungen) nicht erreicht werden konnten. Die Ziele des 1. Konsultationspapieres sollen jedoch auch mit dem 2. Konsultationspapier erreicht werden. Insbesondere:
Die Wiedereinführung externer Ratings für Banken- und Unternehmensforderungen stellt wohl die größte Änderung des 2. Konsultationspapieres dar. Ebenso die Modifikation der Risikogewichtung für Immobilienkredite mit der LTV-Ratio als wichtigstem Risikotreiber. Auch enthält das 2. Konsultationspapier Vorschläge für MDB-Forderungen (multilaterale Entwicklungsbanken) sowie ausgefallene und außerbilanzielle Positionen. Die Änderungen in den jeweiligen Forderungsklassen im Einzelnen:
Neben Banken sollen auch Forderungen gegenüber Wertpapierfirmen und anderen Finanzinstituten der Forderungsklasse Banken zugeordnet werden. Voraussetzung ist allerdings, dass gleichwertige Aufsichtsstandards für die genannten Firmen vorliegen. Des Weiteren gibt es eine vorgeschriebene Hierarchie von Ansätzen, um sicherzustellen, dass Banken nicht zwischen Ansätzen auswählen und aufsichtsrechtliche Arbitragegeschäfte abschließen können.
Änderungen bei Exposures gegenüber Banken:
Für Unternehmensforderungen (ohne ausgefallene Forderungen) werden externe Ratings wieder eingeführt (im Vergleich zum 1. Konsultationspapier).
Änderungen bei Exposures gegenüber Unternehmen:
Um festzustellen, ob eine durch eine Wohnimmobilie gesicherte Forderung vorliegt, müssen folgende Bedingungen geprüft werden:
Wohnimmobilien sind somit eine Forderungsklasse, bei der eine Besserstellung im Vergleich zur CRR überhaupt möglich wäre. Ob dies tatsächlich zutrifft, ist von der Qualität der Forderungen bei gesicherten Wohnimmobilien abhängig.
Spezialfinanzierungen stellen eine neue Forderungsklasse dar. Das Konsultationspapier unterscheidet zwischen folgenden Arten von Spezialfinanzierungen:
Die Risikogewichte werden in Abhängigkeit von der Art der Spezialfinanzierung ermittelt.
Mit BCBS 307 war noch angedacht, auch IPRE und ADC in die Forderungsklasse Spezialfinanzierungen zu übernehmen. Mit BCBS 347 werden diese nun den Immobilienforderungen zugeordnet.
Die drei verbliebenen Spezialfinanzierungen werden nunmehr wie folgt behandelt:
Parallel zum Konsultationsprozess zum 2. Konsultationspapier wird eine quantitative Auswirkungsstudie per 31.12.2015 durchgeführt. Deren Ergebnisse sollen ebenfalls in den Konsultationsprozess einbezogen werden. Die Rückmeldungen zum Konsultationspapier sind bis zum 11.03.2016 einzureichen.
Der Konsultationsprozess zum zweiten Basler Papier (BCBS 347) ist abgeschlossen. Über 100 Rückmeldungen reflektieren immer noch vorhandene Fragestellungen und Kritikpunkte an den Vorschlägen. Insbesondere konzeptionelle Fragestellungen zur LTV-Berechnung sowie der Umgang mit dem Realkreditsplitting, aber auch die finale Festlegung der anzuwendenden CCF sind offen bzw. nicht final definiert. Dass das Konsultationspapier nach wie vor keine Vorschläge zur Behandlung von Staaten enthält, kann nur politische und keine sachlichen Gründe haben.
Weiterhin beinhalten die Vorschläge des BCBS 347 im Vergleich zum 1. Konsultationspapier BCBS 307 signifikante – teils konträre – Änderungsvorschläge:
1. Wiedereinführung von externen Ratings (im Vergleich zu BCBS 307)
2. Teilweise erhebliche Unterschiede zwischen den bisherigen und künftigen Risikogewichten
3. Neue Forderungsklasse für Spezialfinanzierung, ADC und IPRE der Immobilien-Forderungsklasse
4. Einführung von Due Diligence und operationellen Anforderungen
5. Tendenz zu steigender Eigenmittelbelastung auch unter BCBS 347
Fraglich bleibt auch, wie die Aufsicht das übergeordnete Ziel – Beibehaltung der Eigenmittelanforderungen – überhaupt erreichen will, wenn doch die einzige Entlastungsmöglichkeit bei Wohnimmobilien – und hier auch nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen bei Senior-Forderungen – existiert. Bei Unternehmensforderungen, Forderungen an Kreditinstituten etc. führen die geplanten Änderungen in jedem Fall zu erhöhten Eigenmittelbelastungen.
Von großer Bedeutung sind die Änderungen auch für IRB-Banken, da die Änderungen im KSA auch für diese wesentlich sind. So wird der neue KSA künftig Grundlage für die Floorberechnung sein und auch im Partial Use Anwendung finden. Dies bedeutet, dass auch IRB-Banken den neuen KSA in vollem Umfang umsetzen müssen.
Auch wenn sich die Vorschläge nach wie vor im Konsultationsprozess befinden, so zeichnen sich bereits jetzt Umfang und Art der Änderungen deutlich ab.
Auch müssen bereits jetzt Auswirkungsanalysen auf Kapital, RWA, angewendete CRM-Techniken etc. einer kritischen Prüfung unterzogen werden. In diesem Zusammenhang hier der Hinweis, dass von der Umsetzung auch IRB-Institute betroffen sind, da der Basel-IV-Standardansatz Basis für die künftige Floorberechnung sein wird. Neben den KSA sind also auch die IRB-Institute betroffen.