Basel IV – Capital Floors

25.10.2016

Ausgangssituation

Im Rahmen der Einführung von Basel II wurde für IRB-Institute der Capital Floor eingeführt, um Instituten, die interne Modelle anwenden (IRB für Kreditrisiken bzw. AMA für operationelle Risiken), keine sofortige Kapitalentlastungen zu gewähren, sondern eine risikoadäquate Eigenmittelbelastung unter Berücksichtigung von Übergangsbestimmungen nach CRR Artikel 500 Abs. 1 Buchstabe b – welche auch in einem Rundschreiben der BaFin vom 10. Juli 2014 noch einmal dargelegt sind – zu erreichen. Somit stellt der Floor eine Untergrenze der Mindesteigenmittelanforderungen dar, die wiederum noch auf Regelungen von Basel I basiert.

Ziele und Herausforderungen des neuen Capital Floors gemäß BCBS 306

Die neue Berechnung des Capital Floors soll auf Basis des im Dezember 2014 vom Basler Ausschuss veröffentlichten Konsultationspapieres  durchgeführt werden, da

  • eine Besserstellung durch interne Modelle vermieden werden soll; auch soll vermieden werden, dass die Kapitalanforderungen unter ein angemessenes Maß fallen,
  • inkorrekte Modell-Spezifikationen und fehlende historische Daten zu Fehlkalkulationen führen können, 
  • so eine Verbesserung von IRB-Risikokalkulationen erreicht werden kann, weil die Ergebnisse mit einem Standardansatz verglichen werden können,
  • eine bessere Vergleichbarkeit von RWA-Abweichungen verschiedener Ansätze erreicht werden soll.

 

Capital Floor

Die Änderungen im Einzelnen:

Das Konsultationspapier sieht vor, den Capital Floor künftig auf Basis des Standardansatzes – der dann auf einer neuen Berechnungsgrundlage beruht – zu ermitteln. Diese Berechnungsmethode soll den derzeit existierenden "Übergangsfloor", der noch auf dem Basel-I-Standard beruht, ablösen. Die überarbeitete Capital-Floor-Berechnung soll dann ein zusammenhängendes und integriertes Kapital-Rahmenwerk setzen, welches die Zuverlässigkeit und Vergleichbarkeit von RWA-gewichteten Kapitalquoten ermöglichen soll.

 

Die Gestaltung des neuen Capital Floors soll auf der Ebene einzelner Risikoarten oder der gesamten RWA erfolgen. Die Vorschläge, die hierzu gemacht wurden, unterscheiden zwei Arten künftiger Untergrenzen:

 

  • Risikokategorie-basierter Floor (risk category-based floors):

Dieser Floor-Ansatz soll für jede bedeutende Risikokategorie (Kredit-, Markt- und operationelle Risiken) eine Untergrenze festlegen. Die Untergrenzen wirken wie ein durchschnittliches Mindest-Risikogewicht für die einzelnen Risikokategorien. Eine Verrechnung von Eigenmitteln zwischen Risikoarten ist somit nicht mehr möglich, da jede Risikokategorie für sich betrachtet wird.

  • Aggregierter RWA-basierter Floor (aggregate RWA-based floor):

Der zweite Vorschlag des Basler Ausschusses sieht vor, die Untergrenze auf die Gesamtsumme der risikogewichteten Aktiva zu beziehen. Somit wären nicht einzelne Risikokategorien (Kredit-, Markt- und operationelle Risiken) eingeschränkt, sondern wie bisher die Gesamtsumme. Da die aggregierte Untergrenze nicht so einschränkend wäre wie der risikobasierte Floor, würde diese auf einem höheren Niveau liegen. Dies wird noch im Rahmen von QIS kalibriert.

 

 

Wertberichtigungen:
Abhängig vom angewandten Ansatz werden Wertberichtigungen im Standard- bzw. IRB-Ansatz unterschiedlich behandelt. Das Konsultationspapier hat diesem Umstand Rechnung getragen und ebenfalls zwei Optionen vorgestellt:

  • Anpassung Kapital
  • Anpassung RWA

 

Das Konsultationspapier stellt klar, dass die Kalibrierung der Floors außerhalb des Konsultationspapieres und im Rahmen einer Quantitative Impact Study (QIS), die auch die angedachten Veränderungen des Standardansatzes für Kreditrisiken, Marktrisiken und operationelle Risiken berücksichtigt, erfolgt. Dies ist insbesondere deshalb von Bedeutung, da IRB-Banken künftig den neuen Standardansatz zur Floor-Berechnung verwenden müssen. Daher sind sehr viele Institute von den Änderungen betroffen und müssen geeignete Maßnahmen ergreifen, um den neuen Standardansatz umzusetzen.

Der Basler Ausschuss sieht die neuen Vorschriften zum Capital Floor auch als Ergänzung der Leverage Ratio, die mit Basel III eingeführt wurde. Jede dieser beiden Regelungen adressiert unterschiedliche Themen und ergänzt die Schwächen der anderen.

 

Der Capital Floor adressiert nach Auffassung des Basler Ausschusses folgende Punkte:

  • RWA-Widersprüchlichkeiten und Feinverteilung: Durch starke Abweichungen in den RWA für das gleiche Geschäft steigen die Bedenken gegenüber international tätigen Banken und der Markt entzieht dem regulatorischen Rahmenwerk für das Kapital das Vertrauen. Risikogewichtetes Kapital erhöht die Konsistenz durch die Annäherung der Ergebnisse. Im Gegensatz dazu adressiert die Leverage Ratio nicht direkt die Unterschiede bei der Zuordnung von Risikogewichten.
  • Niedrige RWA bei internen Modellen: Extrem niedrige RWA, die durch interne Modelle ermittelt wurden, sind in einigen Kategorien zu beobachten. Auch mit einer wirksamen Leverage Ratio besteht nach Auffassung des Basler Ausschusses das Risiko, dass Banken eine Geschäftserweiterung in den Bereichen durchführen, in denen die Kapital-Anforderungen gering sind. Nachdem die Basel-II-Ansätze eingeführt wurden, gab es einige Institute, bei denen eine signifikante Reduzierung der RWA auftrat. Capital Floors geben die Antwort auf dieses Problem.
  • Ungleichheit der Kapitalanforderungen: Capital Floors schaffen eine Chancengleichheit zwischen Banken, die den Standardansatz anwenden, und jenen, die interne Modelle zur Ermittlung des regulatorischen Kapitals anwenden.

Leverage Ratio

Die Leverage Ratio verfolgt hingegen andere Ziele:

 

  • Begrenzung des Financial-Leverage-Effektes durch die Begrenzung niedriger RWA: In jedem Kapital-Rahmenwerk – standardisiert oder auf internen Modellen basierend – werden einige Geschäfte eine niedrigere Risikogewichtung als andere erhalten. Hiermit soll vermieden werden, dass Banken in diesen Bereichen das Geschäft verstärken, da die Folge eine Verschlechterung deren Finanzierungsstrukturen mit entsprechenden Auswirkungen wäre, sofern die Geschäfte wegen niedriger Risikogewichte fehlgeleitet bzw. Risiken nicht hinreichend berücksichtigt würden. Die Leverage Ratio stellt somit eine Begrenzung des Wachstums dar, welche der Capital Floor nicht leisten kann.
  • Begrenzung der unerwarteten Verluste in niedrigen RWA-Portfolios: Wenn unerwartete Verluste in niedrigen RWA-Portfolios zum Tragen kommen, ist es wahrscheinlich, dass mehr Kapital notwendig ist, um diese Verluste abzufedern. Ein Capital Floor ist daher nur bedingt geeignet, Portfolios mit niedrigem Risikogewicht zu schützen. Im Gegensatz dazu weist die Leverage Ratio für Portfolios ein relativ hohes Risikogewicht auf.
  • Mangel an Marktvertrauen in die RWA. Während der jüngsten Krise haben Marktteilnehmer größere Aufmerksamkeit auf die Leverage Ratios der Banken gelegt. RWA wurden als weniger wichtig und weniger objektiv und zuverlässig eingestuft.

Zusammenspiel von Capital Floor und Leverage Ratio

Thema* Durch den Capital Floor abgedeckt Durch die Leverage Ratio abgedeckt
Nutzung von niedrigen RWA, um Leverage-Effekte zu nutzen Nein Ja
Unerwarteter Verlust in RWA-Portfolios mit niedrigem Risikogewicht Nein  Ja 
Fehlendes Marktvertrauen in RWA Nein Ja
RWA-Inkonsistenzen Ja Nein
Niedriges Level von Modell-basierten RWA Ja Nein
Horiziontale Ungleichheit von risikogewichtetem Kapital Ja Nein

*Tabelle ist an das Konsultationspapier angelehnt.

 

Fazit:

Das Zusammenspiel von Capital Floor und Leverage Ratio soll das Vertrauen in das Kapital-Rahmenwerk stärken und sie sollen sich in Ihrer Funktionsweise ergänzen. Auch IRB-Banken müssen den neuen Standardansatz umsetzen, da dieser künftig Basis für die Floorberechnung sein wird.

Unsere Leistungen

Wir helfen Ihnen bei der Erstellung einer Quantitative Impact Study und bei der Umsetzung der finalen Anforderungen zur Berechnung des künftigen Floors. Insbesondere die Umsetzung des neuen Kreditrisikostandardansatzes zur Berechnung des Capital Floors ist für alle – auch IRB-Institute – notwendig, da die BCBS-Papiere die künftige Floorberechnung auf Basis des neuen Kreditrisikostandardansatzes vorsehen. Wie dies jedoch mit dem komplexen neuen Kreditrisikostandardansatz – der derzeit noch im Konsultationsprozess ist – zeitlich synchronisiert werden wird, ist derzeit noch offen.